Mein medienschaffender Kollege Martin berichtet, dass er so wahnsinng viele seht überzeugende Spam- und Scam-Mails von 1&1 bekommen hat, dass er lieber gar keine mehr öffnet. Sein Internet- und Telefon Provider hat somit die Möglichkeit verloren, mit ihm in Kontakt zu treten. Aber nicht nur Kunden werden mit immer geschickteren Betrugsversuchen überzogen. Noch schwieriger ist es für Behörden, Versicherungen, Banken oder Versorgungsunternehmen sicherzustellen, dass sie nicht gerade von vermeintlichen Kunden über den Tisch gezogen werden.
Einwohnermeldeämter akzeptieren nur noch Passbilder von eigenen Automaten (und wenigen lizenzierten Fotografen), um halbwegs sicherzustellen, dass es echte Bilder sind, anhand derer wir wiedererkannt werden sollen. Meine Bank bittet anlassbezogen nach und nach ihre Kunden zurück in die verbliebenen Filialen, um ihre Identität zu verifizieren.
Das sind keine guten Neuigkeiten für rein digitale Anbieter. Für alle andern liegt darin eine Chance. Beide Seiten, Unternehmen und Kunden, haben den Wunsch und die Notwendigkeit, von Mensch zu Mensch miteinander zu kommunizieren, um sich der wahrhaftigen Existenz des Gegenübers zu vergewissern. Der Trend geht zum persönlichen Jahresgespräch.
In der Onlinemarketing-Welt werden teilweise horrende Summen für einen Klick oder gar einen Lead gezahlt. Für Stadtwerke stellt sich die Frage: Was seid ihr bereit für 15-20 Minuten „facetime“ mit euren Kunden zu investieren, wie sieht der Ort dafür aus, und worüber möchte man mit den Kunden sprechen und wie könnte dieses Gespräch gestaltet werden?
Vor zwei Wochen habe ich von der Bündelung der Schnittstelle zwischen den Stadtwerken München und ihren Kunden im „M-Login“ geschrieben, über den sehr viel Kommunikation und Transaktion stattfinden kann. Ich glaube, die digitale Schnittstelle sollte durch einen Ort der persönlichen Begegnung ergänzt werden. Denn dort kann über all das gesprochen werden, was nicht „business as usual“ ist. Darüber sollten meiner Ansicht nach nicht nur die Münchner, sondern alle Stadtwerke nachdenken.
Die nächste Entwicklungsstufe der künstlichen Intelligenzen zeichnet sich ab. Es wird vermutlich Agentic AI sein: Unternehmen werden ihre Agenten auf die Welt loslassen und ihre eigenen Interfaces für kundenseitige AI Agenten optimieren, die für uns Informationen sammeln, Preise vergleichen, Angebote einholen und Dinge kaufen.
Und da kommt mir eine zweite Idee, fast schon eine kleine Utopie: Wir wäre es, wenn wir alle, also wirklich ALLE, eine ganze Woche Digital Detox machen? One week off!
The digital show would go on: Das Internet würde gar nicht viel davon mitbekommen, dass keine Menschen mehr da sind. Die Bots und Agenten sind ja da und werden weiter posten, liken, sharen, kommentieren und kaufen. Und wir wären gemeinsam im Hier und Jetzt, niemand würde etwas verpassen.
One week off. Was meint ihr?