Viele Jahre spielte der Wärmesektor in Klimaschutz und Energiewende nur eine belanglose Nebenrolle. Damit hätte er nie eine Chance auf einen Oscar als bester Nebendarsteller gehabt. Aber inzwischen haben wir ein Instrument oder sogar einen ganzen Werkzeugkasten, der diesem Bereich auf die Sprünge hilft und der, im besten Fall der Energiewende vor Ort eine neue Struktur und mehr Schwung gibt. Für die Hauptrolle wird es vermutlich nicht reichen, aber eine Auszeichnung als bester Nebendarsteller wäre schon verdient.
Die Rede ist von der kommunalen Wärmeplanung und ich muss sagen, je mehr ich mich damit befasse, um so mehr sehe ich die riesigen Chancen dieses Instrumentes.
Meine Begeisterung hat mehrere Gründe:
Die Energiewende vor Ort bekommt zum ersten Mal eine Struktur. Alle relevanten Akteure von der Stadtverwaltung über die Energieversorger und Netzbetreiber bis zu den großen Verbrauchern setzen sich zusammen. Gemeinsam erarbeiten sie eine Strategie für eine klimaneutrale, kommunale Wärmeversorgung. Ein Beispiel, das zeigt, wer alles beteiligt ist, ist die Stadt Dresden.
Der nächste Punkt ist die Planungssicherheit. Durch die abgestimmte Planung der Nah- und Fernwärme sowie Gebiete mit dezentraler Wärmeversorgung entsteht Planungssicherheit - für Betreiber von Strom- und Gasnetzen, für Wärmeversorger, Verbraucher, Wohnungsunternehmen und Unternehmen. Sie können sich alle mit der Wärmeplanung auf die Entwicklung der kommenden Jahre bis zur Klimaneutralität einstellen und entsprechend planen, hier sehr gut beschrieben.
Eine derart breite Akteursbeteiligung hatten wir bei der Energiewende noch nicht. Dadurch können wir vor Ort für Akzeptanz und Rückendeckung für den weiteren Weg sorgen. Denn nicht nur die Unternehmen sind an der Wärmeplanung beteiligt. Auch alle Bürger:innen sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Fragen und Sorgen einzubringen. Wenn eine ehrliche und offene Kommunikation stattfindet und sie sich gehört fühlen, verringert sich das Risiko späterer Widerstände, zum Beispiel beim Bau von Wärmenetzen, solarthermischen Freiflächenanlagen oder Geothermie-Bohrungen. Zum Thema Beteiligung hatte ich kürzlich zwei Expertinnen befragt.
Der Rahmen für die Wärmeplanung ist vorgegeben. In jeder einzelnen Kommune kommt es nun auf die Umsetzung an. Doch er könnte noch besser sein, er ist noch lange nicht perfekt und könnte durchaus mehr ermöglichen.
Der größte Aufwand für die Kommune ist oft die Datenerfassung. Warum kann man sie nicht mit GIS-Analysemethoden und Künstlicher Intelligenz vereinfachen und standardisieren? Bislang ist diese Aufgabe eine aufwändige und kostspielige Hand- und Fleißarbeit. Die Daten stecken in unterschiedlichen Silos mit entsprechend verschieden Formaten. Das sollte heute schneller gehen.
Jede Gemeinde bereitet ihre Wärmeplanung gemeinsam mit ihrem Dienstleister auf und alle Wärmepläne sehen entsprechend unterschiedlich aus. Sie sind schwer vergleichbar. Eine einheitliche Plattform für die Auswertung der Daten und Aufstellung der Wärmeplanung würde dieses vergleichbarer machen. Sie unterscheiden sich dann nur noch durch die Inhalte und die Qualität der Konzepte.
Wo noch viel Potenzial steckt, ist in der Kommunikation. Wir erinnern uns, beim GEG lief verdammt viel schief in der Kommunikation und auch heute noch sind viele Verbraucher:innen extrem verunsichert. Kann ich jetzt noch eine Wärmepumpe installieren oder brauche ich in wenigen Jahren einen Fernwärmeanschluss? Lohnt es sich zu warten oder muss ich schon tätig werden? Wärmeplanung ist auch eine große Kommunikationsaufgabe - für Kommunen und Energieagenturen. Hier wartet noch auf allen Ebenen viel Arbeit.
Das Gute daran ist, das Thema ist sehr aktuell und es bewegt sich sehr viel in Forschung und in den Kommunen.
Es kommt jetzt darauf an, was die Kommunen daraus machen. In dem Sinne, lasst mich mit den Worten eines großen deutschen Philosophen enden: “Geht´s raus und plant eure Wärmeversorgung!”
Euer Andreas
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