Liebe S!Dizens, vor kurzem habe ich eine wunderschöne Geburtstagsparty in der Nähe von München besucht. Da es ein runder Geburtstag war, kamen große Teile der Band endlich mal wieder zusammen. Sprich: Alte Freunde - vor allem aus Hessen - haben sich lange nicht gesehen und sprechen über Früher. Aber nicht nur, wir hatten auch spannende Gespräche über die Gegenwart. Konkret ging es um die Unterschiede von den älteren zu den jüngeren Generationen. Einer dieser alten Freunde und seine Partnerin arbeiten an Unis. Und die beiden haben Interessantes berichtet. Aus ihrer Sicht hat sich unter den Studierenden eine neue Avantgarde gebildet, deren Differenzierungsmerkmal im Emotionalen liegt. Sie erfühlt sich das Leben, ist jederzeit in der Lage, Emotionen zu artikulieren, auszuprobieren, auszutauschen. Achtsamkeit ist der Normalzustand. Verletzlichkeit, Zweifel und Traurigkeit sind Kern des Lebensgefühls. Zunächst war ich begeistert, da offenbar die emotionale Kompetenz innerhalb von drei Generationen von „grober Klotz“ zur „Superpower“ geworden ist. Gleichwohl berichteten meine Gesprächspartner, dass die Konfliktfähigkeit und -freude erheblich abgenommen habe. Die große Emotionalität stehe dem offenen, harten Diskurs im Weg. Die Antwort auf Konfrontation sei der Rückzug. Vor den vielen, großen, überwältigenden Problemen der Welt flüchtet man sich ins selbst oder in die Kleingruppe. Das Gespräch ist mir im Kopf geblieben. Die Realitätsflucht der neuen, woken Avantgarde hat einige Gemeinsamkeiten mit dem rechten Tribalismus. Beide versuchen sich im Schaffen einer alternativen, verlässlichen und kontrollierbaren Realität. Identität ist ein Gefühl. Vibe ist wichtiger als Wahrheit. Ein Diskurs wird vermieden, bei dem die eigenen Widersprüchlichkeiten auszuhalten sind und innere Konflikte ungelöst bleiben. |
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Dabei sind unsere Probleme gigantisch. Der Klimawandel wird zur immer schneller wiederkehrenden konkreten Klimakatastrophe, die westlichen Gesellschaften sind tief gespalten, Gewalt ist wieder Mittel der Politik, Vertrauen in Wissenschaft, Staat und Medien erodiert. Mein innerer Vibe sagt: Es braucht eine große soziale Bewegung. Was also tun? An dieser Stelle kommt meine Lektüre von der Rückreise aus München ins Spiel. Ich habe das Buch „Moralische Ambition“ vom niederländischen Historiker Rutger Bregman gelesen. Im Kern – bzw. in meiner Interpretation des Buches – prangert er die Flucht in die Innerlichkeit genauso an wie das Selbstverständnis, dass es für ein gutes Leben reiche, auf der richtigen Seite zu stehen. Seiner Meinung nach geht es vielmehr darum, zu wissen und zu handeln. Also echtes Handeln. Darunter fällt weder liken und sharen, noch eine Petition zu unterzeichnen oder mal auf die Straße zu gehen. Es geht darum, wirklich etwas zu tun, ambitionierte Ziele zu formulieren, Mitstreiter zu finden und die Ziele auch zu erreichen. Anhand der Abschaffung der Sklaverei bis hin zur globalen Malariabekämpfung zeigt er an Beispielen auf, wie das konkret aussehen kann. Die Struktur ist oft ähnlich. Es gibt Impulsgeber, die meistens weit weniger perfekt sind, als man denkt. Aber sie fangen zu handeln an und sind in der Lage, andere Menschen mitzunehmen. Dafür reicht es meistens, ganz konkret Einzelne zu fragen: Wir brauchen Dich. Bitte unterstütze uns. Wirklich, nicht mehr als das. That’s it. Gerade an dieser Stelle sind die emotional Superstarken gefragt, als Verstärker und als Multiplikatoren. In der Umsetzung sind Strukturen von Mitstreitenden notwendig. Ein „Inner Circle“, der das logistisch-organisatorische Rückgrat bildet, der die Kraft des aktivierten Handelns kanalisiert. Und es braucht zuletzt die Bereitschaft und Fähigkeit, Koalitionen zu schließen. Gerade der letzte Punkt ist wichtig. |
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Progressive Kräfte neigen leider zur Selbstzerfleischung im Kampf um „Reinheit“: Fleischverzehr, Atomkraft, genderneutrale Sprache – alles tiefrote Linien. Das ist häufig in der Sache richtig, spaltet aber aus einer eigentlich großen Gemeinschaft immer neue Teilgruppen ab. Im Ergebnis ist es bestenfalls ineffizient. Und – schlimmer – es hilft den Anderen, ihre Reihen in Abgrenzung dazu zu schließen. Der Krieg gegen das „Woke“ vereint Libertäre, Rechtsradikale, Gestrige, Religiöse und Nimbys. Ich wünsche mir mehr Entspanntheit. Ihr könnt gerne Würstchen grillen, in den Urlaub fliegen und reden, wie ihr wollt. Ihr dürft Atomkraft gut finden. Alles fein. Einiges davon mache ich selbst auch. So lange wir gemeinsam für Demokratie, für Menschlichkeit, für ein offenes Europa mit regionaler Wirtschaft und Identität, auf Basis von Wissenschaft und in Anerkennung der physikalischen Realität des Klimawandels unterwegs sind: Willkommen im Team! Da wir beim S!D weekly weitgehend unter uns sind: Die Notwendigkeit, entschlossen zu handeln, ist allen hier klar. Die meisten von euch machen das ohnehin. Unterstützende Strukturen gibt es. Klar, wir müssen kämpfen, denn wir haben starke Beharrungskräfte gegen uns. Aber in erster Linie müssen wir lernen, Koalitionen zu formen (und auch zu ertragen). Nur so können wir Ziele erreichen, anstatt zu erklären, woran wir gescheitert sind. Wir haben viele Impulsgeber in unseren Reihen. Der S!D ist eine Struktur von vielen, die Impulse verstärken kann. Nun geht es darum, die Koalitionen zu formen, mit denen wir nicht nur das Richtige tun und glauben, sondern auch gewinnen können. Meine Faustformel ist: Wenn man mit einer anderen Person zu 75% einer Meinung ist, dann spielt man im gleichen Team.
Und wir brauchen ein viel größeres Team. Liebe Grüße und bis bald, Euer Eike |
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Eike kann eigentlich fast alles, aber leider nur ein bisschen. Deswegen freut er sich immens, mit vielen anderen tollen Menschen zusammen coole Dinge auf den Weg zu bringen. #ohneeuchistdoof
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PS: Meine Erkundung der Welt des Nachrüstens meiner Haustechnik mit Batterie, Wallbox, HEMS und dynamischem Tarif geht weiter. Nächste Woche gibt es ein Update dazu. Eure Tipps und Ideen sind weiterhin sehr willkommen: dehning@dhng.de |
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