S!Dweekly #061

Transformation für 15 Cent!? 🤯

Liebe SIDizens,

eigentlich war mein 2. Teil zur Transformation im Energiemarkt erst in ein paar Wochen geplant, aber weil die Transformation so schnell voranschreitet, bin ich halt schon wieder dran. 🤪

Auslöser ist das neue Angebot von 1komma5 von Mitte September - die Kollegen aus Hamburg sind mit einem Strompreisangebot von 15 ct / kWh für 24 Monate rausgegangen. Inklusive aller Nebenkosten, Stromsteuer, brutto. Das Angebot gilt im Rahmen eines dynamischen Tarifs mit Optimierung von Geräten für max. 3 Geräte mit jeweils max. 2.000 kWh Jahresverbrauch pro Jahr - also in Summe 6.000 kWh. Zur Einordnung: Das ist deutlich mehr als ich im letzten Jahr verbraucht habe.

In den 24 Monaten Vertragslaufzeit garantiert 1komma5 also bis zu 12.000 kWh. Nach Abzug der Netzentgelte, Steuern und Abgaben ergeben sich daraus Beschaffungskosten von rund 2,5 ct/kWh. Ich lehne mich mal so weit aus dem Fenster: Wenn das einer von Euch dem Controlling vorschlägt, wird er/sie ein Fall für Indeed (übrigens hat Ingrid gekündigt)!

Für die Kund:innen ist es aber richtig geil: Sie laden beispielsweise ihr E-Auto aus dem Netz für 15 ct = ca. 3,- € / 100 km. Sensationell, ein Verbrenner ist allein für Sprit mit 15 € / 100km dabei. So geht Sektorenkopplung und genau das bringt die Energiewende voran. Oder: Sie erzeugen Wärme über eine Wärmepumpe zu weniger als 5 ct/kWh. Dazu unten mehr.

1komma5 ist dabei gar kein Stromanbieter, sondern verkauft PV Anlagen, Speicher, Wärmepumpen, Wallboxen und eine Steuerungssoftware, um on top  die entstehendenden Flexibilitäten an den Kurzfristmärkten (Intraday) zu vermarkten - denn dort wird das Geld verdient werden. 

In dem Move von 1komma5 steckt Transformation pur: Die Marge aus dem Geschäft mit Strom spielt KEINE Rolle mehr. Im Gegenteil, wenn es dumm läuft, wird es richtig teuer. Aber das ist völlig egal, denn mit jeder Kund:in kann Geld verdient werden, wenn diese erstmal bei 1komma5 Kund:in sind. Und zwar soviel, dass auch eine Preisgarantie von 15 ct / kWh brutto kein Risiko darstellt. Es ist wie im Datenmarkt: Die Marge steckt nicht im Verkauf der Daten, sondern damit, was mit den Daten im Hintergrund gemacht werden kann (z.B. im Tracking, wer bis hierhin gelesen hat) . Übrigens gibt es dazu auch ein sehr gutes Video mit der 1komma5 Geschäftsführung - schöner hätte ich es in meinen Workshops nicht zusammenfassen können.

Die meisten Stadtwerke versuchen weiterhin, mit Strom Geld zu verdienen oder ein Business-Modell mit EDL Produkten wie PV, Speicher, Wärmepumpen, Wallboxen, aufzubauen, dass sich allein aus der Vertriebsmarge tragen soll. Dabei wird übersehen, dass in der Vermarktung in den Kurzfristmärkten das wahre Geschäft liegt. Dafür braucht es eine gewisse Kundenmasse und daher ist es kein Wunder, dass der CPO (Cost per Order (Kosten für Kundengewinnung)) um ein Vielfaches höher sein darf. 

Aber was heißt das jetzt? 1komma5 ist ein Unicorn 🦄, sprich mit über 1 Mrd. € bewertet. Mit dieser Investitionsmasse bearbeiten sie den Markt. Kein Stadtwerk wird alleine dagegen halten können. Was wir also brauchen, ist eine gemeinsame, schlagkräftige und vor allem schnelle Antwort. Wie man die finden könnte, sollten wir vielleicht beim SID in Lübeck diskutieren oder besser direkt beschließen.

Und noch ein Blick erlaube ich mir

Mit dem Angebot von 1komma5 ist Wärme für unter 5 ct/kWh (in Luft-Wärmepumpen werden aus 1 kWh Strom mind. 3 kWh Wärme) möglich. Das ist deutlich günstiger, als Erdgas vor dem Ukraine-Krieg war und damit der neue Benchmark für Wärmeerzeugung. 

An alle, die noch an Wasserstoff im (Fern)-Wärme- oder Gasnetz glauben und die Transformation, wie beim VKU-Stadtwerkekongress in Köln, abfällig als “all-electricity-society” benennen: 5 ct/ kWh brutto sind zu schlagen! Mit Wasserstoff wird das nicht gehen. Insofern: Bitte läutet endlich die Totenglocken für diese Einbahnstrasse und konzentriert euch auf wettbewerbsfähige und damit soziale Lösungen. Das wäre nicht nur ehrlich zu den Menschen, sondern auch ehrlich zu allen Mitarbeiter:innen, die auch dringend eine klare Orientierung brauchen.

In diesem Sinne wünsche ich mir für die Branche eine deutlich größere, gezieltere und schnellere Handlungsfähigkeit!

Diskutieren wir im Januar in Lübeck weiter? 
Euer Uli

Uli Meyer ist seit 2002 in der Energiebranche, Geschäftsführer von Coffee First Consulting und Enytime Green – Als SIDexpert ist er DER Ansprechpartner für die Transformation der Energiebranche. Er schaut vor allem vertrieblich auf die Transformation und damit besonders auf die kommenden dynamischen Stromtarife, denn nur die Kund:innen entscheiden über den Geschäftserfolg.

#transformation

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